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So erlebte ich meinen Tinnitus

 

Schon in den ersten Tagen erlebte ich meine Tinnitus-Erkrankung als etwas ganz Besonderes.
Eine Krankheit, die sich nicht durch Schmerz äußert, sondern durch Geräusche.
In meinem Fall ein hoher, faseriger Pfeifton.
Das Besondere war die Kopplung an mein eigenes Befinden. Tagsüber schwankte der Ton zwischen leise und mittellaut.
Schon bei geringer geistiger Anstrengung, also auch einfach Konzentration, wurde das Pfeifen lauter.
Ebenso wenn ich zur Ruhe kommen wollte, nahm das Geräusch zu. Der beste Zustand war eine permanente Beschäftigung, die keine besonderen geistigen Ansprüche stellte.
In dieser Zeit habe ich unseren Keller kpl. aufgeräumt, Schrauben sortiert usw..
Hunderte Male umkreiste ich unseren Kirschbaum, ging von einer Ecke unseres Gartens in die andere und zurück.
Das von morgens bis abends, denn wenn ich Pause machen wollte, meldete sich mein Tinnitus, wurde unruhiger und lauter.
Es war im Juli/August 2003, die Tage waren fast immer über 30 Grad, nachts war es auch sehr warm.
Am schlimmsten waren die Nächte: sobald ich in die Waagerechte kam, wurden die Ohren lauter.
Manchmal brüllte der Tinnitus in meinen Ohren so laut, wie ich es mir nicht lauter vorstellen konnte.
In einer Sekunde fielen 10 schreiende Fanfarentöne in einen brüllenden Dauerton.
Ich lag wie betäubt stundenlang in meinem Bett, jede Sekunde schien mir ewig.
Manchmal versuchte ich mit Hilfe von Ventilatoren so viel Gegengeräusch zu machen, um den Lärm zu übertönen.
Manchmal irrte ich nachts zwischen 2 Uhr und 4 Uhr durch unseren Ortsteil.
Oft duschte ich kalt - bis zu fünf Mal pro Nacht, danach war der Ton manchmal besser erträglich.
Natürlich war es auch tagsüber nicht möglich, den nachts ausgefallenen Schlaf aufzuholen.
Wenn ich mich hinzulegen versuchte, wurde der Tinnitus unruhiger und lauter. Also war tagsüber gar kein Schlaf möglich.
Meine Lebensqualität war auf dem Nullpunkt.
Und es war ja nicht nur meine Lebensqualität, sondern die meiner ganzen Familie, die unter dem Tinnitus litt.
Nicht selten mußte ich mich schon des Morgens erst einmal in den Armen meiner Frau ausweinen um meine Anspannung etwas abzubauen, bevor diese zur Arbeit fuhr.
Nachts mußte absolute Ruhe herrschen, denn es konnte ja sein, dass ich nach vielen Stunden des Wachliegens gerade eingeschlafen war.
Jeder Tag war zu einem Kampf von morgens bis abends geworden, und des Nachts war es noch schlimmer.
Ich empfand den Tinnitus oft wie die letzte Stufe vor dem Verrückt sein.

Der mich behandelnde HNO-Arzt schien eine Bagatellbehandlung nach oft erprobtem Muster vorzunehmen.
Auf meine Schilderung der schlechten Nächte und die Bitte um Schlaftabletten o.ä. wusste er mir keine Hilfe zu geben.
Ich hatte ja schon etliche Tinnitus-Patienten bei ihm getroffen und auch gesprochen. Die anderen Patienten hatten offenbar weniger Beschwerden als ich. Sie konnten zumindest einschlafen oder hatten das Geräusch nur selten.
Später und auch im Internet lernte ich Menschen mit ähnlichem Tinnitus, wie ich ihn hatte, kennen.

In einem ganz schlimmen Moment resümierte ich für mich:
So lange ich noch die Kraft habe, mich selbst umzubringen, so lange habe ich auch noch die Kraft nach Hilfe zu suchen.
Meine Hoffnung waren die Suchmaschinen im Internet. Wenn es Hilfe für mich geben würde, so würde dort irgendwo darüber etwas zu finden sein, selbst wenn die Lobbys die ersten Plätze belegten.

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